FOCUS: Kim, Sie haben mit neun Jahren mit Ihren Freunden die erste Band gegründet, spielen heute mit ECHT goldene Schallplatten und Awards vom Echo bis zur Goldenen Kamera ein. Dazu produzieren Sie Videos und fördern Nachwuchstalente. Mit Ihren 18 Jahren führen Sie ein Leben auf der Überholspur. Ist das gesund?

Kim: Ich lebe gerne schnell. Nur fehlt mir manchmal die Zeit, das Erlebte Revue passieren zu lassen. Kaum habe ich jemanden kennengelernt, werde ich schon wieder weggerissen, weil alles so schnell gehen muss. ich kann im Gespräch nicht einmal feststellen, ob ich diese Person mag oder nicht.

FOCUS: Raubt Ihnen die Berühmtheit Freiheit?

Flo: Solange wir uns gut fühlen und unsre Gefühle ausleben können, sind wir noch frei.
Puffi: Ich bin so frei.
Kai: Die Freiheit nehme ich mir.

FOCUS: Erwachsene fragen sich oft, was in den Köpfen von jungen Menschen vorgeht.

Kim: Wir können uns nicht mit den Jugendlichen von heute vergleichen. Wir haben viel zu früh, schon mit 13 Jahren, durch unsere Musik in einer anderen Welt gelebt. Wir verbrachten die meiste Zeit auf dem Land in einem Studio mit älteren Leuten. Jonas, unser Manager, ist auch schon 26.

FOCUS: Wissen Sie gar nicht, worüber Jugendliche nachdenken?

Puffi: Ich glaube, dass Werte wie Disziplin und Tradition nicht mehr so angesagt sind. Der Drang, sich selbst auszuleben, Regeln und Gesetze umzustoßen, ist größer. Wir denken ja auch so.
Flo: Ich habe kürzlich Jugendliche aus Hamburg kennen gelernt und dachte: Ne, keine Ahnung, was bei denen in der Schule läuft. Die hatten fette Rolex-Uhren an und sprachen eine Sprache, die ich gar nicht verstand.
Kai: Es ist schwer, sich als junger Mensch zu positionieren. Früher gab es die revolutionären 68er, Flower Power in den Siebzigern, die deutsche Welle in den Achtzigern und dann? Diese komische Techno-Bewegung, das ist keine definierte Bewegung. Jeder geht zur LoveParade. Aber sonst verbindet die jungen Leute nichts. Du kannst dir nur eine Überdosis von allem geben: Medien, Essen, Drogen, Musik.

FOCUS: Oder wie Sie für das Video zu Ihrer aktuellen Single 2010 nackt über die Reeperbahn laufen.

Flo: Die meisten Menschen müssen einen Scheißjob annehmen, weil sie keine andere Chance bekommen haben. Wir wissen, wie gut es der Seele tut, so sein zu dürfen, wie wir sind.
Kim: Wir denken auch nicht darüber nach, ob wir vielleicht einmal verlogene Spießer werden. Das wäre ja so, als hätte ich frisch verliebt eine schöne Frau im Arm und würde gleichzeitig überlegen, dass irgendwann eh alles vorbei ist.

FOCUS: Haben Sie als Popstars mehr Erfolgsdruck bei Mädchen?

Flo: Überhaupt nicht. Wir müssen uns nur selbst gerecht werden, und das ist nicht schwer.
Kim: Ehrlich sein ist mein Motto.
Puffi: Du musst den Mädchen sagen: Ich finde deine Zahnlücke zwischen links oben 1B und 1C supersüß, ich würde sie gerne mal näher betrachten – wenn sie sauber ist. Eigentlich stehen die Mädchen viel mehr unter Druck. Die kriegen das Leben von Britney Spears vorgelebt und versuchen krampfhaft, sich genau so aufzustylen.

FOCUS: Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft vor?

Puffi: Wir werden mit 30 Jahren schon so drauf sein wie andere Leute mit 50.
Kim: Ich würde gerne mal verrückt werden, wenn ich älter bin. Da hätte ich voll Lust drauf. Komplett ohne Rahmen und Benehmen leben. Ich mache dann nur noch das, worauf ich Bock habe. Aber vielleicht sterben wir ja mit 30.
Gunnar: Oder wir sind dann weise alte Männer.
Puffi: Und jedes Mal, wenn einer zu uns kommt, darf er uns, wie beim Orakel von Delphi, drei Fragen stellen, die wir mit Bedacht beantworten.

Datum: 09.2000
Erscheinungsort: Focus