Es geht um Echt. Und wer jetzt irgendwas in der Art von „Teenie-Kapelle für Bravo-Leser“ denkt, der soll doch erst mal weiterlesen. Denn so einfach ist das alles nicht.
Fangen wir von hinten an: Derzeit sagen einige Leute, Echt seien erwachsen geworden. Das ist Quatsch – was ist das denn, „erwachsen sein“? Singt man dann über Bausparverträge, statt über Liebeskummer? Klingt man wie Heinz Rudolf Kunze? Echt haben ein neues Album aufgenommen – „Recorder“. Erstmals schrieb die ehemalige Schülerband aus Flensburg alles selber. Das war ein Wagnis. Denn Album Nummer drei klingt weniger hitkompatibel als die Vorgänger. Auf „Recorder“ tönen Bläser, gibt es weniger Mitsing-Refrains, mehr Experimente. Die sind jedoch nicht immer geglückt. Hits gibt es aber trotzdem.
Das neue Werk offenbart nun zweierlei. Erstens: Die Wahl-Hamburger sind nicht die notorische Teenie-Band, für die sie viele halten. Sonst würden sie sich nämlich weiterhin nett-belanglose Hits schreiben lassen. Zweitens: Echt sitzen zwischen den Stühlen. Für die Bravo-Fraktion klingt „Recorder“ zu unpoppig. Und für viele andere singt Sänger Kim immer noch über jugendliche Befindlichkeiten, klingt die Musik nett, aber auch belanglos. Die Band steht am Wendepunkt. Während „Freischwimmer“ von null auf eins bretterte, stieg „Recorder“ auf Platz 21 ein – und sank danach auf 65.
Erst mit dem nächsten Album wird sich entscheiden, ob Echt den Sprung von der Teenie-Band zu ernstzunehmenden Musikern schaffen. Sie versuchens. Und hallo, die Fünf sind erst Anfang 20. Da geht noch was.
Datum: 10.11.2001
Erscheinungsort: Hamburger Morgenpost